Es ist heiß im Operationssaal des Ospital Ng Parañaque in Manila. Die Außentemperaturen liegen um die vierzig Grad Celsius und innen ist es auch nicht besser. Im Akkord werden gerade an drei Tischen Kinder gleichzeitig operiert.

Unter einer der hellen OP- Lampen zeichnet der plastische Chirurg Christopher Wachsmuth mit einem Filsstift gerade an, wie er gleich dem Mund der kleinen Soulea eine schöne Form geben will. Der Mundwinkel hatte sich schon im Mutterleib nicht richtig verschlossen, die Lippen sind nicht richtig zusammengewachsen, dazu kommen noch Hautverwerfungen am Ohr und der Wange des kleinen Mädchens. Nun wollen wir sie mal hübsch machen, sagt der Arzt aus Leipzig.

Der Mediziner ist Mitglied des Teams von „Operation Restore Hope“ einer kleinen Hilfsorganisation, die neben Leipzig auch in Neuseeland ihren Sitz hat. Entsprechend international geht es zu im OP. Dreißig Ärzte, Schwestern und ehrenamtliche Helfer aus Neuseeland, Australien, Abu Dhabi, Südafrika und Deutschland arbeiten hier für zehn Tage zusammen. Einmal im Jahr nehmen sie sich Urlaub und kommen in die Hauptstadt der Philippinen, um Kinder wie Soulea zu behandeln.

Unterstützt wird der Leipziger Arzt seit Jahren vom LIONS CLUB LEIPZIGER RING. Hier ist Wachsmuth selber Mitglied. Ein Großteil der Einnahmen des Glühweinverkaufs, den der Club alljährlich auf dem Weihnachtsmarkt organisiert, gehen zugunsten des Projektes. „Da mussten wir nicht lange überlegen“, sagt Dietrich Bren vom Förderverein des Clubs. „Als unser Lionsfreund von dem Projekt erzählte, war im Club schnell klar, dass wir das mitfinanzieren werden.“

Die Lippen-Kiefer Gaumenspalte, auch etwas verächtlich als Hasenscharte oder Wolfsrachen bezeichnet, ist ein Phänomen, das in Südost Asien häufig vorkommt. Besonders die Philippinen sind davon betroffen. Bei Schwarzafrikanern kommt es so gut wie nie vor, meint Doktor Wachsmuth. Es hat genetische Ursachen, das erklärt man sich durch die Völkerwanderung.  Hinzu kommt die chronische Mangelernährung der Mütter in der Schwangerschaft. Laut UNICEF gehört der Inselstaat zu den zehn Ländern weltweit mit der höchsten Zahl unterernährter Kinder.

Seit nun 20 Jahren fährt der Leipziger Arzt nach Malia um Kinder mit diesem Krankheitsbild zu behandeln. An seiner Seite, die Anästhesistin Jana Völpel aus Halle an der Saale. Auch sie ist bei den LIONS organisiert. Für sie ist es das sechste Mal. Beide habe sich extra Urlaub genommen.

Die Operationen sind für die Familien, die meist aus den Armenvierteln von Manila kommen, kostenlos. Sie hätten sonst keine Chance auf eine Behandlung. Das Philippinische Gesundheitssystem ist krank. Die Hälfte der Kliniken ist privat, da haben die armen Familien keine Chance, und in den staatlichen Krankenhäusern fehlt es häufig am Nötigsten.

Für die Kinder sind die Folgen der Erkrankung dramatisch. Sie können nicht richtig essen und trinken. Das hat Auswirkungen auf die weitere Entwicklung der Kleinen. Die Sprachentwicklung ist stark eingeschränkt. Die Folgen sind Ausgrenzung und Stigmatisierung. Die Operationen sind weniger kosmetisch, als vielmehr lebensnotwendig.

Auch Miros Mutter möchte, dass ihr kleiner Sohn operiert wird. Sie sind extra von einer der fernen Inseln mit dem Boot angereist. Vierzehn Stunden hat der Trip gedauert. Die Strapazen sind beiden noch anzusehen. Doch die Anästhesistin Jana Völpel hat sehr schnell einen sehr traurigen Verdacht. Der vierzehn Monate alte Junge hat offensichtlich eine akute Lungenentzündung. Unter diesen Umständen ist eine Operation unmöglich. Die Gefahr, dass Miro die Narkose nicht überlebt ist zu groß. Ein wenig Trost für die Mutter und Antibiotika für den Sohn. Mehr können die Ärzte jetzt nicht tun. Aber Miro kommt auf die Liste für das nächste Jahr. Umso wichtiger, dass die spendenfinanzierte Mission kontinuierlich nach Manila kommt.

Im Operationssaal geht es derweil zu wie am Fließband. Ein Kind nach dem anderen. Von sehr früh am Morgen, bis spät in den Abend. Die Ärzte arbeiten bis zur Erschöpfung. Fünfundsechzig der kleinen Patienten bekommen in diesen Tagen die Chance auf ein neues und besseres Leben.

Soulea kann jetzt endlich lächeln, auch wenn es ihr noch schwerfällt. Die Kleine die am Vortag operiert wurde, kämpft zum Teil noch mit der Narkose. Doktor Christopher Wachsmuth besucht sie auf der Kinderstation und ist zufrieden mit dem Ergebnis. Ohne unsere Sponsoren, wie dem LIONS CLUB LEIPZIGER RING wäre all das nicht möglich, sagt der Chirurg. In Europa kostet eine solche OP mehrere tausend Euro. Hier auf den Philippinen und Dank der ehrenamtlichen Arbeit der Ärzte, Schwestern und freiwilligen Helfer ist das schon für etwa 250 Euro möglich. Dann setzt er sich seinen Mundschutz wieder auf und geht zurück zur nächsten Operation.

Der Film bei SPIEGEL TV http://www.spiegel.tv/videos/1484709-die-gesichtsretter